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Warum Grenzen setzen gesund ist und wie Du damit beginnen kannst

Lesezeit: ca. 3 Minuten

Nach einer stressigen Woche kann es Elena kaum abwarten, endlich zu Hause anzukommen. Müde und gereizt träumt sie bereits davon, morgen an den See zu fahren. Ganz alleine nur sie und die beruhigende Natur. Dann klingelt ihr Telefon und weckt sie aus ihren Träumen. Es ist Elenas bester Freund, der sie fragt, ob sie morgen bei seinem Umzug helfen könne. Sie spürt, wie sich ein Gefühl von Taubheit in ihrem ganzen Körper ausbreitet und hat dieses unangenehme Gefühl in ihrem Bauch, als sie sich sagen hört: “Ja klar. Ich werde Dir helfen.”. Während sie realisiert, dass ihr Traum vom Tag am See nicht wahr werden wird, fragt sie sich: “Warum bittet mich immer jeder um Hilfe? Es scheint, als würde ich nur existieren, um anderen zu dienen. Gleichzeitig interessiert sich keiner für meine Gefühle.” 

Was ist hier passiert? Elena fühlte sich bereits erschöpft, als ihr bester Freund sie anrief. Anstatt ihm zu sagen, dass sie den Tag morgen für sich braucht, sagte sie ihm zu. Ihr Körper zeigt ihr mit typischen Stressreaktionen bereits seine Grenzen. Ihre inneren Glaubenssätze ziehen ihre Laune noch weiter nach unten und jetzt fühlt sie sich nicht mehr nur müde, sondern auch wütend und traurig. Wie vielen von uns gelingt es Elena nicht eine gesunde Grenze zu setzen, obwohl sie nur zu gerne gesagt hätte, dass sie nicht helfen kann. Sie dachte sogar darüber nach “Nein” zu sagen, aber ihre Sorgen dann selbstbezogen und unhöflich zu sein, lassen das eklige Gefühl von Schuld in ihr aufkommen. Am Ende sieht sie keine andere Option, als “Ja” zu sagen und ihr eigenes Wohlbefinden dem Wohlbefinden anderer hinten anzustellen.

Warum Grenzen setzen, mehr Gutes tut als Schaden anzurichten

Keiner kennt unsere eigenen Bedürfnisse und unser eigenes Energielevel so gut wie wir selbst. Deshalb müssen wir die Verantwortung für unser Wohlbefinden übernehmen. Es wäre unfair, von anderen zu erwarten, unser Wohlbefinden zu managen.

Wir können nicht erwarten, dass andere wissen, wo wir unsere Grenzen setzen müssen, um uns wohlzufühlen. Um zu verstehen, welche Grenzen Dich dabei unterstützen können, Dein Wohlbefinden zu erhalten und zu erhöhen, ist es wichtig, dass Du im Kontakt mit Deinen Bedürfnissen bist. Wir alle haben vier psychologische Grundbedürfnisse nach Bindung, Orientierung und Kontrolle, Schutz und Erhöhung unseres Selbstwerts und dem Streben nach Lustgewinn sowie Unlustvermeidung. Die Erfüllung dieser ist grundlegend für unser psychologisches Wohlbefinden (1). Falls Du mehr über Deine psychologischen Grundbedürfnisse erfahren möchtest, empfehlen wir Dir diesen Artikel.  (https://www.soulchat.co/de/resources/psychisches-wohlbefinden-durch-erfullung-deiner-psychologischen-grundbedurfnisse).

Viele Menschen sind besorgt, dass das Setzen von Grenzen egoistisch ist und sogar Beziehungen zerstören kann. Das Setzen von Grenzen hilft Dir jedoch häufig gute Beziehungen zu haben. Wenn Du Dich innerlich zentriert und ausgeglichen fühlst, kannst Du auf herzliche und empathische Weise mit Deinen Liebsten in Beziehung treten. 

Versuche Dich einmal an eine Situation zu erinnern, in welcher Du Dich insgesamt nicht gut gefühlt hast, emotional, mental und körperlich ausgelaugt. Stell Dir nun vor, dass Du angerufen wirst und Dir jemand über seine eigenen Sorgen berichtet und Dich um Unterstützung bittet. Das löst noch mehr Druck in Dir aus, richtig?

Erinnere Dich nun an eine Situation, in welcher Du Dich glücklich, sorgenfrei und voller Energie gefühlt hast. Aus diesem Zustand heraus versuche Dir vorzustellen, dass Dir jemand sein Herz ausschüttet und Dich um Hilfe bittet. Wie fühlt sich das nun für Dich an? Wahrscheinlich spürst Du, dass Du offen und herzlich auf die Person reagieren kannst und mit voller Aufmerksamkeit zuhören kannst.

Wie Du gesunde Grenzen setzt

Der erste Schritt ist herauszufinden, wo Du Deine Grenzen setzen möchtest. Beobachte Dich und frage Dich mehrmals täglich:

  • Welche Gedanken gehen mir durch den Kopf? 

  • Wie fühle ich mich?

  • Ist mein Körper angespannt oder entspannt? 

  • Will ich das, was ich gerade tue, wirklich tun? Gibt es mir Energie oder kostet es mich Energie?

Wenn Dir Dinge auffallen, die Dich Energie kosten, frage Dich selbst, was Du davor und/oder danach tun musst, um Dich zu balancieren. Sei sehr kritisch mit Dir selbst wenn Du Dir folgende Frage stellst: “Muss ich das tun oder sagen mir meine inneren Glaubenssätze, dass ich nicht “Nein” sagen kann?”. Oft führen unsere Glaubenssätze wie “Ich muss perfekt sein”, “Ich muss mich anpassen”, “Ich muss mich um andere kümmern, um einen Wert zu haben”, dazu, dass wir Bitten nicht ablehnen können.

Deshalb ist es so wichtig, offen und neugierig unsere eigenen Glaubenssätze zu erforschen und uns selbst beispielsweise zu fragen, ob es wirklich so wichtig ist, perfekt zu sein und ob es tatsächlich so viel Schaden anrichten würde, wenn wir manchmal zugeben, dass wir eine Pause brauchen und uns um uns selbst kümmern müssen.

Beginne Grenzen zu setzen

Entscheide, wobei Du Dich am wohlsten fühlst “Nein” zu sagen und tue es einfach. Um anderen die Möglichkeit zu geben, Deine Entscheidung zu verstehen, kannst Du erklären, wie Du Dich fühlst und dass Du diese Zeit brauchst, um Dich um Dein Wohlbefinden zu kümmern. Es ist oft hilfreich für unsere Beziehungen, wenn wir uns mit unseren Gefühlen öffnen. Aber sei vorsichtig und trete nicht in die Selbstrechtfertigungsfalle. Begebe Dich nicht in eine Rechtfertigungsspirale oder erzähle sogar Lügen. Du darfst Dich immer als Erstes um Dein Wohlbefinden kümmern. Nachdem Du begonnen hast, Grenzen zu setzen, wirst Du vermutlich ein Gefühl der Erleichterung spüren. Oft haben wir katastrophale Szenarien im Kopf, wie es enden wird, wenn wir “Nein” sagen. Lass mich Dich hier etwas beruhigen. Oft schätzen wir uns selbst als viel zu substanziell ein, als wären wir das Zentrum der Welt, um das sich alles dreht. Wenn wir dann letztendlich “Nein” sagen, ist es oft unerwarteterweise kein Problem für die andere Person.

Erlaube, Dir selbst regelmäßig eine Pause zu machen und zu reflektieren, wie Du Dich mit Deinen gesetzten Grenzen fühlst. Dann kannst Du entscheiden, welche Grenzen Du als Nächstes setzen möchtest.

Wir laden Dich herzlich dazu ein, mit einem unserer Counselor über Dein Bedürfnis, gesunde Grenzen zu setzen, zu schreiben. Wir können Dich dabei unterstützen, neue Perspektiven zu gewinnen und gemeinsam einen genaueren Blick darauf werfen, welche Glaubenssätze und Barrieren Dich davon abhalten, gesunde Grenzen zu setzen. Oft wissen wir in der Theorie bereits, wann wir gerne “Nein” sagen würden. Es lohnt sich genauer hinzuschauen, warum es uns oft nicht gelingt, dies in die Tat umzusetzen.

Autorin: Anna Seger


(1) Grawe, K. (2014). Neuropsychotherapie. Hogrefe. http://elibrary.hogrefe.de/9783840918049/1